Durst 02/2021

People & Unterhaltung 17 Auf ein Bier mit Marek Krynski «Die Menschen sind gerne glücklich, sie tanzen gerne», haben Sie einmal gesagt, als Sie nach dem Erfolgsgeheimnis der Street Parade gefragt wurden. Sind die Menschen heute, nach fast einem Jahr Corona und all den Einschränkungen, weniger glücklich? Marek Krynski: Von dem gehe ich aus. Mir persönlich geht es zwar relativ gut, denn ich bin in der glücklichen Lage, dass ich mich im Homeoffice wohlfühle und mich in einem ge- setzteren Alter befinde. Viel einschränkender ist das Ganze aber für die Ausgang- und Club- Kultur und für die Jugendlichen. Die zwei äl- testenmeiner Kinder leiden darunter, nirgends mehr hingehen zu können. In jungen Jahren wäre das für mich schlimm gewesen. Damals wollte ich Spass und auf die Leutsch. Die junge Generation leistet einen grossen Beitrag zur Pandemie-Bekämpfung, obwohl sie keinem grossen Risiko ausgesetzt ist. Ich hoffe, dass das von den älteren Menschen geschätzt wird. Wegen Corona konnte die Street Parade 2020 erstmals seit 1992 nicht stattfinden. Trotzdemwurden Sie am Ende des Jahres von den Aktionären der Hürlimann Bier AG zum «Hürlimann des Jahres» gewählt… …was mich ausserordentlich gefreut hat. Die Auszeichnung zeigt, dass die Street Parade nach 29 Jahren in der Gesellschaft angekommen ist. Wie sehen Sie die Zukunft des Grossevents? Die Street Parade ist aus dem Wunsch heraus entstanden, die Erlebnisse in der Techno-Szene und all die freundlichen Begegnungen zu tei- len. Weil dieses Glück auch heute noch wächst, «Street Parade hat Zürich verändert» Er hat 1992 die Zürcher Street Parade gegründet und ist dafür nun mit der Auszeichnung «Hürlimann des Jahres» geehrt worden. DURST hat mit Marek Krynski über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Menschen und die Club-Szene gesprochen, über die Zukunft der Street Parade und auch über die grosse Frage, ob die Mensch- heit punkto Liebe, Friede, Freiheit, Grosszügigkeit und Toleranz auf dem richtigen Weg ist. Er war 23 Jahre alt und Mathematikstudent, als Marek Krynski im Juni 1992 eine Eingabe bei der Zürcher Stadtpolizei für eine «Demonstration für Liebe, Friede, Freiheit, Grosszügigkeit und Tole- ranz» machte. Nur drei Monate später, am 5. September 1992, fand dann die erste Street Parade statt. Heute ist Marek Krynski Aktuar bei einer Versicherung, verheiratet und Vater von vier Kindern im Alter zwischen 13 und 20 Jahren. MA R EK K RY N SK I Marek Krynski (rechts) bei der Ehrung als «Hürlimann des Jahres». wenn man es mit anderen Menschen teilt, wird es die Street Parade noch lange geben. Techno, House und die ganze Bewegung haben die Gesellschaft längst durchdrungen. Jeder weiss, was man in dieser Szene erleben kann. Eine hypothetische Frage: Was wäre Zürich heute ohne die Street Parade? Ende der 1980er-Jahre war Zürich eine lang- weilige, graue Stadt der Gnome. Man arbeitete, man schlief, und sonst geschah nicht viel. Um 24 Uhr war Polizeistunde, und in der Nacht gab es keinen öV. Um 23 Uhr standen wir jungen Leute jeweils vor der Frage: Gehen wir jetzt nach Hause oder machen wir die ganze Nacht durch? Heute ist Zürich eine lebenswerte, weltoffene Stadt. Zu dieser Entwicklung hat die Street Parade einen grossen Beitrag geleistet; ja ich wage sogar zu behaupten, dass Google heute nicht in Zürich wäre, wenn es die House&Techno-Szene nicht gäbe. 1992 verstanden Sie die Street Parade als eine «Demonstration für Liebe, Friede, Freiheit, Grosszügigkeit und Toleranz». Sind wir diesbezüglich generell einen Schritt weiter als Anfang der 1990er-Jahre? Ja, ich glaube wir sind einen Schritt weiter. Die Welt ist ein besserer Platz als 1992. Klar, wir haben Probleme wie das Klima, und die Zukunft wird noch einige Herausforderungen für uns bereit halten. Es wird nicht einfach sein, aber ich bin überzeugt, dass wir diese Herausfor­ derungenmeistern werden. Der Mensch sucht den Weg, der näher an die Wahrheit führt, an die Vollkommenheit und ans Paradies.

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