Durst 10/2020
Hauptgang 17 werden nachhaltige und unverarbeitete Pro dukte, die wenn immer möglich aus der Region stammen. Maurice Houraibi nennt ein Beispiel: «Koriander, Pfefferminze und Bohnenkraut be ziehen wir von einem Schweizer Bauernhof.» Was ihn besonders freut: Zumindest in Zürich ist die libanesische Küche auch «weiblich»: «75 Prozent unserer Gäste sind Frauen.» Im Herzen sei er immer noch Libanese, sagt der Gastronom. Das äussert sich unter anderem in seiner Grosszügigkeit: «Ich offeriere sehr gerne, denn ich liebemeine Gäste. Das ist meine Art.» Als Libanese fühlt sich Maurice Houraibi auch, wenn er nach der gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut Spendengelder sammelt. Im Kopf jedoch sei er «zu hundert Prozent Schweizer», was auch in seiner Pünktlichkeit zum Ausdruck kommt: «Wenn man im Libanon um 17 Uhr abmacht und irgendwann nach 19 Uhr eintrifft, gilt dies immer noch als akzepta bel. In dieser Hinsicht habe ichmich seit meiner Ankunft in der Schweiz stark verändert.» An eine Rückkehr in die alte Heimat denkt der Gastronom nicht: «Ich werde den Rest meines Lebens in der Schweiz verbringen. Hier lebt meine Familie, und hier studierenmeine Kinder. Hier kenne ich so viele Leute, und so viele Leute kennenmich. Viele Gäste sagen ‹Komm, wir ge hen zuMaurice› undmeinen damit einesmeiner Restaurants. Das freut mich enorm.» Vieles hat sich verändert, seit er in die Schweiz gekommen ist. Eines jedoch ist gleich geblieben: Maurice Houraibi hat noch immer Träume. Er will weitere Lokale eröffnen, erstmals auch aus serhalb Zürichs, in Bern. Wer den Mann kennt, der einst in der Schweiz das erste libanesische Restaurant eröffnet hat, weiss: Träume sind für Maurice Houraibi da, um verwirklicht zu werden. www.libanesisch.ch Tereza Haveri mit ihrem Sohn Mourtaz. (Bild: Julie de Tribolet/L'illustré) Eine Familiengeschichte Georgien H inter dem Restaurant Pré-Fleuri in Lausanne verbirgt sich die Ge schichte einer ganzen Familie. Die Haveris verliessen vor über zwei Jahrzehnten ihre Heimat Georgien in Richtung Schweiz. Bei uns angekommen, fehlte ihnen vor allem eines: die Kulinarik aus ihrer Urheimat. «Ich wollte den Schweizerinnen und Schwei zern das Essen von Georgien schmackhaft machen»: Mit diesen Worten erinnert sich Tereza Haveri an ihren langjährigen Traum, in der Schweiz ein georgisches Lokal zu er öffnen. 2018 ist dieser Traum mit dem Res taurant Pré-Fleuri in Lausanne, dem ersten georgischen Restaurant in der Schweiz, wahr geworden. Tereza Haveri kann auf die tat kräftige Mithilfe der ganzen Familie zählen. Bei der Eröffnung vor zwei Jahren fehlte der leidenschaftlichen Gastronomin noch der Mut, ausschliesslich rein georgisches Essen auf dieMenükarte zu setzen. Zu gross war die Angst, dass die Spezialitäten aus ihrer alten Heimat hierzulande nicht ankommen. Von ih rem Sohn ermutigt, setzte Tereza Haveri ab 2019 dann alles auf eine Karte: Das Restau rant Pré-Fleuri wurde renoviert, und seither Vor mehr als 20 Jahren hat Tereza Haveri Georgien verlassen und mit ihrer Familie die Schweiz als neue Heimat gewählt. Sie träumte davon, die Schweizer an die kulina- rischen Wunder ihres Landes heranzuführen. Vor zwei Jahren erfüllte sie sich ihren Traum und eröffnete in Lausanne das erste georgische Restaurant der Schweiz. bietet die Menükarte rein georgisches Essen mit vielen Spezialitäten an. Khachapuri, Satsivi, Khinkali: Die Menükarte liest sich wie ein Gedicht: Der Gast im Pré-Fleuri hat es schwer, aus dem Unbe kannten eine Auswahl zu treffen. Die Haveris sind jedoch wahre Gastgeber und beschrei ben gerne das Gute aus Georgien am Tisch und natürlich auch auf der Menükarte. Das Zeremoniell um Khinkali Khachapuri ist ein Brot, dasmit Käse bedeckt und mit Eigelb garniert wird. Hinter Satsivi verbirgt sich Huhn mit Nuss- und Gewürz sauce. Und Khinkali ist ein wahres Festessen mit einem speziellen Zeremoniell. Auf dem Tisch werden grosse Ravioli serviert. Um sie geniessen zu können, muss man erst einmal zubeissen, um den schmackhaften Saft aus zusaugen. Danach isst man den Teig mit der ausgezeichneten Rindfleischfüllung. Der Kreis der Familiengeschichte schliesst sich, denn in Georgien lernen Kinder schon früh kochen. Tereza Haveri: «Die Zubereitung aller Gerichte, die ich jetzt hier in Lausanne anbiete, habe ich vonmeiner Mutter gelernt.» «Ich offeriere sehr gerne, denn ich liebe meine Gäste. Das ist meine Art.» Maurice Houraibi
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