Durst 10/2020
Hauptgang 15 Ihr Lokal bietet viele spanische Spezialitäten an, setzt aber nicht voll und ganz auf die spanische Küche. Warum eigentlich nicht? Weil die spanische Küche hierzulande für viele zu schwer ist. Kommt hinzu, dass eine rein spanische Küche spanische Köche erfordert, und die können oft kein Deutsch. Unsere Karte ist mediterran angehaucht und von vielen spa nischen Einflüssen geprägt. Zudem kommen unsere Weine ausschliesslich aus Spanien, und selbstverständlich bieten wir auch Biere der spanischen Marke San Miguel an. Damit sind wir immer sehr gut gefahren – wie auch Anfang der 1970er-Jahre wollten Ihre Eltern in Olten Verwandte besuchen… Nicolás Castillo: …und sind dann für immer geblieben. Mein Vater war Metallbaugiesser, und die Verwandten vermittelten ihm einen Job. Später hat er dann bei der SBB gearbeitet. Parallel dazu sind Ihre Eltern in die Gastronomie eingestiegen. Wie kam es zu diesem zweiten Standbein? Für Familienfeste haben meine Eltern schon früh grosse Paellas gekocht und in Olten auch zwei Fischläden betrieben. Als sie 1990 vom Spanischen Verein angefragt wurden, ob sie gemeinsam mit ihren Söhnen dessen Lokal führen möchten, haben sie zugesagt. Ich war damals ein Teenager, arbeitete an denWochen enden mit und erlebte eine sehr schöne Zeit. Damals boten Spanische Vereine die Gelegen heit, mit Landsleuten zusammen zu sein. In der Zwischenzeit haben sie an Bedeutung verloren. Ihre Eltern sind später nicht wie viele andere Einwanderer in die Heimat zurückgekehrt. Sie als sogenannter Secondo sind aber noch immer spanischer Staatsbürger. Wird es Sie vielleicht einmal wieder nach Spanien ziehen? Mein mittlerweile pensionierter Vater und die leider verstorbene Mutter sind in Olten geblie ben, weil ihre Kinder und Grosskinder hier leben und sie die soziale und politische Stabilität der Schweiz schätzen gelernt haben. Auch ich fühle mich wohl in Olten, aber es könnte mich durch aus wieder nach Spanien ziehen. Irgendwie le ben zwei Seelen in meiner Brust. Nico Castillo in seiner «Genussfabrik». Auf ein Bier mit Nicolás Castillo «Secondos haben die Branche geprägt» Er ist als Sohn spanischer Einwanderer in Olten geboren und aufgewachsen. Seit 2012 führt Nicolás Castillo in der Eisenbahnerstadt den Gastronomiebetrieb «Schlosserei Genussfabrik». Im Gespräch mit DURST sagt der spanische Staatsbürger, warum er nicht konsequent auf die spanische Küche setzt, weshalb viele Secondos nicht wie ihre Eltern in der Gastronomie arbeiten wollen und ob er plant, später einmal in Spanien zu leben. mit unserm multifunktionellen Konzept, das sich auch in der Corona-Zeit bewährt: Die ‹Schlosserei Genussfabrik› umfasst nebst dem Speisesaal auch ein Fumoir, eine grosszügige Bar, einen tollen Genussgarten, eine Rooftop Bar und einen klimatisierten Seminarraum. Sie sind der einzige der Familie, der noch in der Gastronomie arbeitet. Warum kehren viele Secondos der Branche den Rücken? Wir Spanier und auch die Italiener haben die Schweizer Gastronomie früh geprägt, was von den Schweizern anerkannt und geschätzt wird. Secondos wie meine Brüder und ich sind aber in der Schweiz aufgewachsen und von diesem Land geprägt worden. Nun ist es so, dass viele Schweizerinnen und Schweizer ihr Geld lieber anderswo als in der anstrengenden Gastro nomie verdienen wollen. So funktionieren auch viele Secondos, was dazu geführt hat, dass heute zahlreiche einst von Spaniern und Ita lienern gegründete Lokale von Albanern und Immigranten aus anderen Ländern geführt werden. Deren Kinder wird es dann wohl ebenfalls in andere Berufe ziehen. Der Gastronom ist 1973 als Kind spanischer Einwanderer in Olten zur Welt gekommen. Als junger Erwachsener ging Nicolás Castillo für ein paar Jahre nach Spanien, wo er als Animateur tätig war und auf Ibiza ein Hotel leitete. Zurück in Olten, lancierte er das «Projekt Dampfhammer». Seit 2012 ist Nico Castillo Inhaber und Geschäftsführer des Restaurants Schlosserei Genussfabrik. Als inno vativer Gastronom hat er auf die Corona-Krise reagiert: In der «Schlosserei Genussfabrik» kann man zurzeit innen wie aussen Home Office betreiben und die technische Infrastruktur nutzen. www.schlosserei-genussfabrik.ch N I C O L Á S C A S T I L L O
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