Durst 08/2020

Hauptgang  11 ist, stellt man bei hotelleriesuisse erfreut fest, dass die befürchtete Rabattschlacht ausgeblie­ ben ist. Karin Sieber: «Es gibt zwar viele gute Aktionen wie Packages und vernünftige Preis­ reduktionen, um die Gäste für einen längeren Aufenthalt zu gewinnen, Dumpingpreise stellen wir aber zum Glück kaum fest.» Sei es aus Angst vor Reisen in ferne Länder oder ausSolidarität: EineMehrzahl der Schwei­ zer verbringt ihre Sommerferien wie erhofft im eigenen Land. Zu dieser erfreulichen Entwick­ lung haben gemeinsam mit Hotels und Touris­ musorganisationen auch Firmen mit Sonder­ packages beigetragen. Der Tourismus erlebt penort auf einer Velotour», sagt Karin Sieber von hotelleriesuisse. Während die Hotels in den Städten und mit ihnen auch die Gastronomie noch darben müssen, sind die Bergregionen (Artikel unten rechts), Campingplätze (Seite 13) und überhaupt alles, was mit Natur und Seen zu tun hat, die Gewinner der momentanen Situ­ ation. Gross nachgefragt werden auch Attrakti­ onen wie das Bärenland in Arosa (Seiten 16+17), Gelegenheiten für aktiven Sport wie Seilparks sowie Lehrreiches für Kinder wie ein Natur- oder ein Planetenweg. Ebenfalls im Trend liegen Ferienwohnungen. DeshalbhabenRestaurants inTourismusregio­ nen ihr Take-away-Angebot zum Teil massiv ausgebaut. Sie versprechen sich dadurch eben­ so eine Umsatzsteigerung wie durch spezielle Aktionen, die sie gemeinsam mit Hotels und Tourismusorganisationen durchführen. Während von den Tourismusorganisationen eine grosse Marketing- und Werbeoffensive um Schweizer Gäste in Gang gesetzt worden «Die Schweizer suchen mehrheitlich die Natur und nicht Städtetrips.» Karin Sieber, hotelleriesuisse Blick vom Rothorn auf den Brienzersee. Hoch hinaus statt tief hinein Die Schweizer zieht es in die Berge S tatt tief in ein Meer einzutauchen, zieht es die Schweizer in diesem Sommer hoch hinaus: Das Wallis vermeldete im Juni für den Ferienmonat Juli zwölf Prozent mehr Buchungen als im Vorjahr. Auch in der Region Locarno und im Kanton Graubünden zeigten sich die Tourismus-Verantwortlichen zufrieden mit dem Buchungsstand. Pascal Jenny, der Direktor von Arosa Tourismus, er­ wartet sogar «den besten Sommer aller Zeiten» (vgl. Interview auf den Seiten 16+17). Viele Schweizer Familien verbringen die Ferien in diesem Sommer und wohl auch im Herbst also tatsächlich im eigenen Land, wobei ein Grossteil von ihnen die Berge bevorzugt. «Die Saisonhotels werden in diesem Sommer recht gut gebucht sein – während der Sommerferien durch Familien, an denWochenenden zusätzlich durch Paare, Gruppen und Einzelpersonen, die Viele Bergregionen sind von Sommerferien-Buchungen durch Schweizer richtiggehend überrannt worden. Vorteile haben jene Destinationen, die schon vor der Corona-Pandemie hauptsächlich auf einheimische Gäste gesetzt haben. eine Auszeit suchen und in die Natur wollen», sagt Karin Sieber von hotelleriesuisse. Von gut gebuchten Hotels profitiert auch die Gastronomie. Mit einemauf die Schweizer Gäs­ te ausgerichteten Angebot hat sie die Chance, jetzt neue Stammgäste zu gewinnen. Beim Branchenverband hotelleriesuisse geht man davon aus, dass «die 4-und die 3-Sterne- Hotellerie vermehrt angelaufen» werden, wäh­ rend sich die noblen 5-Sterne-Häuser schwerer tun dürften, zusätzliche Gäste aus der Schweiz anzuziehen. Was die Jugendherbergen, Berg­ hütten und Hostels am anderen Ende der Preisskala betrifft, sagt Karin Sieber: «Es wird sich zeigen, ob die Gäste in diesemJahr mit an­ deren ein Zimmer teilen wollen. Wir vermuten da eher eine gewisse Zurückhaltung.» Um jetzt zusätzliche Schweizer Gäste gewinnen zu können, scheuten die meisten Tourismus­ organisationen fast keinen Aufwand. «Ja, wir sind zurzeit auf dem Schweizer Markt recht präsent», bestätigte in der «Tagesschau» vom 22. Juni Pascale Berclaz, die Direktorin von «BE! Tourismus». Am erfolgreichsten waren jene Destinationen, die sich schon immer auf Schweizer Gäste konzentriert hatten. Wer sein Marketing hingegen auf Fernmärkte ausge­ richtet hat, tut sich jetzt schwerer, das Ausblei­ ben der ausländischen Gäste zu kompensieren. zurzeit eine ähnliche Solidarität, wie sie wäh­ rend des Stillstands der Gastronomie mit vie­ len regionalen Initiativen sowie mit Aktionen wie #HELPGASTRO des Schweizer Brauerei- Verbandes und «We Love Gastro» von Best of Swiss Gastro zugute gekommen ist. Wie lange die Gäste aus fernen Ländern noch ausbleiben werden, darüber kann man zurzeit nur spekulieren. Der Schweizer Tourismus hat in diesem Sommerhalbjahr aber die Chance, zusätzliche Schweizer Gäste zu begeistern und sie so als neue Stammgäste zu gewinnen. Eine weitere positive Entwicklung ist auf der Angebotsseite der verstärkteWille zu Koopera­ tionen zwischen Hotels, Restaurants, Firmen, Zulieferern und Tourismusorganisationen. Sie alle haben erkannt, dass sie nicht in erster Linie Konkurrenten sind, sondern im gleichen Boot sitzen. Auf der Nachfrageseite wollen die Schweizer nun ihr eigenes Land entdecken. Das sind gute Voraussetzungen für ein ganz erfreu­ lichen Tourismusjahr in der Schweiz.

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