Durst 03/2020
10 Hauptgang So ergeben Diversifikationen Sinn Im Zuge des schnellen gesellschaftlichen Wandels verändern sich auch die Bedürfnisse der Gäste. Das ist für die Gastronomie Herausforderung und Chance zugleich. Viele Betriebe setzen auf Diversifikation und erobern so neue Geschäftsfelder. Sei es Take-away oder Digital Detox, ein Food Truck oder ein Oktoberfest, Kochen mit Gästen oder Kooperationen mit Bauern: Laut dem Gastronomie-Coach und -Berater Magnasch Joos müssen Diversifikationen gut geplant werden, zum Betrieb passen und die nötigen finanziellen Mittel vorhanden sein. Chancen, aber auch Gefahren D ie Gastronomie sei «ein realer Ort mit realen Menschen», sagt Magnasch Joos. Darin liegen für den Coach und Berater vieler Gastronomiebetriebe die Chan cen für Diversifikationen. DerHotelbetriebswirt und Mitinhaber von «Suited & Booted Hospita lity Partners» stellt nämlich einen Gegentrend zur Digitalisierung fest: «Die Menschen wollen zusammen etwas erleben, und dafür ist die Gastronomie der perfekte Ort.» Weil sich die Gesellschaft verändert, ist die Branchemit neuenGästebedürfnissenkonfron tiert. «Als Gastronom muss man sich bewegen und Neues wagen», sagt Magnasch Joos. Er gibt aber zu bedenken: «Für kränkelnde Betrie be sind Diversifikationen keine Heilmittel, denn sie erfordern einen Plan, ein starkes Marke ting, die nötigen Finanzen und Kreativität – und man muss seine Gäste und ihre Bedürfnisse kennen. Wer das Wasser am Hals hat, sollte fokussieren und nicht diversifizieren, denn halb unter Wasser kann man nichts planen. Die Ge fahr der Verzettelung ist zu gross.» Verschiedene Formen der Diversifikation Die Umsätze stagnieren oder sinken: Wie kann ich als Gastronom wachsen? Neue Trends kommen auf: Wie kann ich sie aufnehmen und dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung tra gen? DURST sprach mit Magnasch Joos über verschiedene Formen der Diversifikation: Events: Festivals, Partys, Oktoberfeste und andere Events haben für den Gastroprofi eine Berechtigung: «Wichtig ist, dass man einen langen Atemhat, denn Veranstaltungen lohnen sich in der Regel erst ab der dritten oder vierten Austragung richtig.» Und noch etwas sei zu be achten: «Man sollte starke Partner ins Boot holen. Wer zumBeispiel einOktoberfest durch führen will, braucht einen Logistikpartner wie Feldschlösschen, der nicht nur die richtigen Getränke liefert, sondern mit seinem Know- how auch zusätzliche Unterstützung anbietet.» Take-away: Der Heimkonsum boomt, was vie le Gastronomen veranlasst, Produkte für den Take-away anzubieten. Damit hat zum Beispiel Regula Schmid vomHotel Alpenblick inKander steg grossen Erfolg. Dank der Beer Station ver kauft sie Offenbier für den Heimkonsum (vgl. Seite 14). Magnasch Joos: «Wenn die Frequenz lage stimmt und das Lokal zum Beispiel im Umfeld von Firmen liegt, drängt sich Take-away als Zusatzgeschäft auf. Sonst aber sollte man die Finger davon lassen.» Heimlieferung: In vielen Ländern wird fast alles nach Hause geliefert. Trotz hoher Lohnkosten ist Delivery laut Magnasch Joos auch bei uns ein Riesenthema: «Wenn der Betrieb eine gewisse Grösse hat, kann man selbst liefern. Für klei nere Lokale macht es Sinn, auf einer Plattform wie eat.ch mitzumachen.» Er regt an, auch ein Lädeli oder einen Online-Shop zu prüfen.» Temporäre Konzepte: Pop-up ziehe nicht mehr, sagt Magnasch Joos, der Begriff sei abge lutscht. Trotzdem: «Die temporäre Belebung von Arealen nimmt zu. Eine Zwischennutzung kann für einen Betrieb attraktiv sein.» Street FoodundFoodTrucks: «Der Höhepunkt ist zwar überschritten, aber die Teilnahme an Street Food Festivals kann eine Chance sein», sagt Magnasch Joos. Er gibt aber zu bedenken: «Das Angebot muss zum Betrieb passen und authentisch sein, denn der Auftritt am Festival ist auch Marketing für das Lokal.» Kochkurse: Magnasch Joos empfiehlt, Koch kurse anzubieten, gemeinsam mit den Gästen zu kochen und dann auch gemeinsam zu es sen: «Wenn die Kücheninfrastruktur stimmt, lässt sich dies leicht umsetzen.» Ghost Kitchen: Von den USA ist dieser Trend in grossen europäischen Städten angekommen. So funktioniert die Ghost Kitchen: Sie produziert und liefert im Auftrag mehrerer Betriebe oder entwickelt eigens für die Delivery neue Brands. Magnasch Joos: «Ghost Kitchen wird, wenn überhaupt, in den grossen Schweizer Städten ein Thema werden. Es wird sich zeigen, ob die Schweiz gross genug ist für diese Entwicklung.» Digital Detox und Regionalität: Restaurants auf dem Land mit ein paar wenigen Zimmern empfiehlt Magnasch Joos, auf Digital Detox und Entschleunigung zu setzen: «Dazu gehören auch regionale und vielleicht sogar selbst pro duzierte Produkte sowie die Zusammenarbeit mit Bauern aus der Umgebung.» www.suited.ch «Wenn Gastronomen Events durchführen, brauchen sie starke Partner.» Magnasch Joos
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