Durst 01/2020
Hauptgang 13 Es gibt Gastronomen, die der Meinung sind, Nachhaltigkeit sei eine Modeerschei- nung; ein Trend, den man nicht unbedingt mitmachen muss. Haben sie recht? Burkhard von Freyberg: Seit 1970 hat sich die Weltbevölkerungmehr als verdoppelt. Heute le ben rund 7,7 Milliarden Menschen auf unserem Planeten, und 2050 werden es sogar fast zehn Milliarden sein. Vor diesem Hintergrund ist es schlicht eine Notwendigkeit, dass Hoteliers und Gastronomen ökologisch, ökonomisch und auch sozial einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Die Gäste erwarten zunehmend, dass man vernünftigmit Ressourcen umgeht. Das ist ein Trend, der noch lange anhalten dürfte, und ganz gewiss nicht bloss eine Modeerscheinung. Wie war das in den 1970er- und 1980er- Jahren in Ihrem elterlichen Betrieb? Wie lebte man damals Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit bedeutete vor allem, regionale Produkte zu verwenden und eine vernünftige Zuliefererstruktur zu haben. Das Fleisch und das Gemüse kauften meine Eltern direkt bei Bauern in der Nähe ein, die keine Massentier haltung hatten. Das war ein Markenzeichen, das sich schon damals bezahlt machte. Sind Regionalität und Saisonalität auch heute noch wichtige Nachhaltigkeitskriterien? Ja, insbesondere im Bezugsrahmen der soge nannten Gemeinwohlökonomie. Es geht auch um die Frage, wie man mit Mitarbeitenden um geht und was man für die Gesellschaft tut. Lassen Sie uns vor allem über die ökolo gische Nachhaltigkeit sprechen… … deren Gedanken leider noch nicht überall angekommen sind. Ich verstehe zum Beispiel überhaupt nicht, warum vielerorts immer noch Plastiktrinkhalme verwendet werden. Dabei liessen sich diese so einfach ersetzen. Was kann man sonst noch tun? Weniger Abfälle produzieren. Das hat auch mit der Grösse der Speiseportionen und mit einer ordentlichen Lagerhaltung zu tun. Zudem gibt es heute eine ganze Reihe von Küchengeräten, «Es ist notwendig, dass Gastronomen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.» Burkhard von Freyberg die ressourcenschonend arbeiten. Generell sollte man wo immer möglich auf Plastik und auch auf Einweggeschirr verzichten. Macht also auch Mehrwegglas Sinn? Selbstverständlich. Alles, was wiederverwertet wird, macht Sinn. Aber man sollte sich immer fragen, wie hoch der Aufwand der Wiederver wertung ist. Wenn zumBeispiel ein LKWwegen einer kleinen Menge Recycling-Material die Luft verpestet, geht die Rechnung nicht auf. Bringen die Investitionen in Nachhaltigkeit einen Return on Investment? Davon bin ich überzeugt. Vor allem wenn das Bestreben nachNachhaltigkeit authentisch und ehrlich gemeint ist, sprechen insbesondere gesellschaftlich gut situierte Gäste darauf an. Inder Schweiz spielt Nachhaltigkeit eine grosse Rolle, und in Österreich haben fast alle Ferien hotels Nachhaltigkeitskonzepte. Klar gibt es auch Imbissbuden, in denen die Gästemöglichst schnell und möglichst günstig eine Wurst essen wollen. Da zahlt sich Nachhaltigkeit wohl weni ger aus. Man sollte aber schon aus ethischen Gründen anfangen, darüber nachzudenken. Die Gäste nehmen bereits erste kleine Schritte wahr, wobei eine strategische Herangehens weise an das Thema natürlich besser ist. Wie finde ich heraus, welche Nachhaltigkeits strategie für meinen Betrieb die richtige ist? Indem ich mich in die Materie einlese. Dann kann man sich ruhig auch mal einen anderen Betrieb anschauen und lernen. Wichtig ist, dass man einen Prozess anstösst und die Mit arbeiter mit auf die Reise nimmt. Was ist sonst noch wichtig? Tue Gutes und spricht darüber: Das Marketing sollte nicht vergessen gehen. Wenn ich auf Plastiktrinkhalme verzichte, die Mitarbeiter fair bezahle und Fleisch vomBauernhof in der Nähe verwende, muss ich dies meinen Gästen mit teilen. Nur wenn sie davon Kenntnis haben, ak zeptieren sie etwas höhere Preise. Er ist in einem Gastronomiebetrieb aufgewachsen, hat zuerst eine Hotelfachlehre absolviert und dann Betriebswirtschaft studiert. Heute lehrt Prof. Dr. Burkhard von Freyberg an der Fakultät für Tourismus an der Hochschule München. Als geschäftsführender Gesellschafter führt er das Unternehmen Zarges von Freyberg Hotel Consulting. Der Deutsche ist Co-Autor des im Matthaes Verlag erschienenen Buchs «Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor in Gastronomie & Hotellerie». www.zargesvonfreyberg.de PRO F. DR . BURK H A RD V ON F R E Y BERG Prof. Dr. Burkhard von Freyberg: «Generell auf Plastik verzichten» Burkhard von Freyberg kennt die Gastronomie von der Pike auf, und er setzt sich intensiv mit Nachhaltigkeit auseinander. Im Gespräch mit DURST sagt er, warum Nachhaltigkeit nicht bloss eine Modeerscheinung ist, welchen Beitrag Gastronomen und Hoteliers leisten können und warum ihre Bemühungen einen Return on Investment bringen.
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