Durst 11/2019
Hauptgang 15 Was bezahlt man für die Übernahme eines gut laufenden Betriebs? Wie hoch sollte ein Mietzinsdepot sein? Macht eine Umsatzmiete Sinn? Welche Details gehen vor der Unterzeichnung eines Miet- oder Kaufvertrags gerne vergessen? Und warum landen Gastronomen vor Gericht? André Gribi berät seit fast 30 Jahren Gastronomen und Hoteliers. Er beantwortet Fragen rund um Gastro-Immobilien. Wie wichtig sind die Fragen rund um den Kauf oder die Miete einer Gastro-Immobilie? André Gribi: Sehr wichtig, denn die Miete oder der Kauf eines Gastronomiebetriebs ist eine komplexe Sache. Gastronomen sind wegen Im- mobilien recht oft vor Gericht. Welches sind die grössten Streitpunkte? Meistens geht es umdie Abgrenzung von Gross- und Kleininventar, also um die Frage, wer für den Unterhalt zuständig ist oder wer bezahlen muss, wenn zum Beispiel neue Storen ange- schafft werden. Diese Fragen sollteman schon im Mietvertrag klären und detailliert auflisten, was man mietet und was man kauft. Sie beraten sowohl Verkäufer als auch Käufer, Vermieter und Mieter. Die haben unterschiedliche Interessen. Wie hoch sollte zumBeispiel ein Mietzinsdepot sein? Drei Monate, sechs Monate, ein Jahr: Ich habe schon alles gesehen. Eine Sicherheitsleistung in der Höhe einer Jahresmiete halte ich nicht für übertrieben, denn wenn einer den Mietzins nicht bezahlt, bringst du ihn so schnell nicht raus. Der Mieter ist aber an einer möglichst kleinen Sicherheitsleistung interessiert, zu- mal er sie in der Regel bar erbringen muss. Bei Neugründungen findet man nämlich kaum einen Versicherer für eine Mietzinsgarantie. Was halten Sie davon, keine fixe Miete, sondern eine Umsatzmiete zu vereinbaren? Nicht viel, denn die Umsatzmiete ist ein Risk- Sharing-Modell. Als Gastronom bist du Unter- nehmer, und ein Unternehmer soll die Risiken «Um späteren Ärger zu vermeiden: Bei Miet- und Kaufverträgen sind auch Details wichtig» Hotel- und Gastro-Berater André Gribi: tragen. Zudem stellt sich die Frage, wie sich der Umsatz berechnet und ob der Vermieter wirklich bekommt, was ihm zusteht. Bei Neueröffnungen kann eine Umsatzmiete aber eine gewisse Sicherheit geben. Durchaus, und warum nicht, wenn der Vermie- ter mitmacht! Bei Neugründungen ziehe ich eine Staffelmiete einer Umsatzmiete aber vor – oder ein hybridesModell mit einer Basismiete und einer Umsatzkomponente. Bei einemHalterwechsel wird für den Mietvertrag manchmal ein «Schlüsselgeld» verlangt. Was versteht man darunter? Mit sogenannten Schlüsselgeldern zu arbeiten, ist unseriös. Für die Übernahme eines Mietver- trags bezahlt man nichts. Man bezahlt für das Potenzial des künftigen Ertrags, also für den Wert des Unternehmens, das man übernimmt. Um die Höhe des zu bezahlenden Betrags seriös zu berechnen, nimmt man eine kapitali- sierte Ertragswertberechnung vor. «Vor Gericht geht es meistens um die Abgrenzung von Gross- und Kleininventar.» André Gribi Der Teufel liegt bekanntlich imDetail… … und Details gehen vor der Unterzeichnung von Miet- oder Kaufverträgen gerne vergessen. Ich habe schon Verträge gesehen, die bei zwei Rechtsanwälten waren, und trotzdem war die Übernahme der Internet-Domain nicht gere- gelt. Der Verkäufer und der Käufer gerieten sich in die Haare, weil die Drittperson, welche die Domain reserviert hatte, sich querstellte. Wenn man den Namen eines Lokals behalten will, ist die Übernahme der Internet-Domain etwas vomWichtigsten. Das ist nur ein Beispiel für die vielen Details, die es im Vertrag zu be- rücksichtigen gilt, um späteren Ärger zu ver- meiden. Eine grosse Bedeutung haben auch die Nebenkosten und die Frage, wie der Unterhalt des Gesamtgebäudes geregelt ist. Wie kann sich ein Käufer davor schützen, dass imNachhinein zusätzliche und nicht erwartete Kosten auf ihn zukommen? Ich empfehle, einen Teil des Kaufbetrags in der Höhe von zum Beispiel 50000 Franken bei ei- nem Notar zu deponieren. Dieser Betrag wird nach einem Jahr freigegeben, wenn keine ne- gativen Überraschungen aufgetaucht sind. Was empfehlen Sie vor der Neueröffnung eines Lokals sonst noch? Rechtzeitig an das Personal zu denken. Das Personal ist das A und O. Viele machen zuerst ein Konzept, suchen dann eine Location und sehen sich erst ganz am Schluss nach geeig- netem Personal um. Das geht nicht auf. Er kennt die Stolpersteine rund umGastro-Immobilien: André Gribi ist seit 26 Jahren im Tourismus tätig. Er berät Gastronomen und Hoteliers in der Schweiz, aber auch in Asien und Osteuropa. Als Mitbesitzer von «Hotel & Gastro Consulting» entwickelt er Projekte, zudem ist er auf Transaktionen und Nachfolgeregelungen spezialisiert. Sein Rüstzeug hat er sich einst mit einer Banklehre und einer Weiterbildung im Treuhandfach geholt. www.hgconsulting.ch A NDR É GR I B I
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