Durst 10/2019

Markt & Trends  29 Claudio Del Principe ist kein Fan vom Sonn- tagsbrunch. Lieber geht er mit der Familie ins Restaurant, geniesst die Gesellschaft und beobachtet die Menschen. Er hofft, dass es auch bei uns bald eine Rückbesinnung auf das klassische Sonntagsessen im Lokal gibt. Als bekennender Italien-Fan geniesst er gerne ein Poretti 4 Luppoli und schätzt es, dass dieses Bier aus Nord­ italien wunderbar zu Pasta und auch zu den im Text be- schriebenenMoscioli passst. Weitere Inspiration von Ko- lumnist Claudio Del Principe gibt es auf seinem Foodblog und seinem Instagramprofil: www.anonymekoeche.net, @claudio_anonymekoeche Claudios Bierempfehlung Meerfenchel Spaccasassi. Moscioli Cozze. Prozent den eigenen Erwartungen entspricht? Soll sich denn die ganze Welt der Befindlich- keit Einzelner unterordnen? Das ist ziemlich paradox. Denn genau so ein Verhalten zeigen eigentlich nur verzogene Kinder. Damit wir uns richtig verstehen: Wenn ich mit meinen Kumpels ausgehe, gehe ich ohne Kin- der, klar. Wenn ich einen schönen Abend zu zweit in einem Sternerestaurant geniessen möchte, auch. Dennoch haben wir unsere Kin- der von klein auf in fast jedes Restaurant mit- genommen, auch in Gourmetlokale. So lernen sie ganz ungezwungen das Benehmen in der Gastronomie. (Und der kluge Wirt freut sich auf die nächste Generation Gäste.) Auf der an- deren Seite gehörten wir nie zu der Spezies Eltern, die ihre Kinder mit verschmiertem Mund und klebrigen Händen durch den Gastraum Amok laufen lässt. Oder alle daran teilhaben lässt, wenn Windeln gewechselt werden müssen. Aber es gibt einen guten Mit- telweg des Miteinanders. Entdeckung in den Marken Das Restaurant, in dem wir uns an diesem sonnengetränkten Herbsttag befinden, liegt übrigens an einem Ausflugsort. Am Strand. In der schönen Bucht von Portonovo im Natur- schutzgebiet des Cònero in den Marken. An jedem anderen Ausflugsort auf dieser Welt wäre das Verpflegungsangebot, gelinde aus- gedrückt, bescheidener. Vermutlich würde die schöne Aussicht mit dem unschönen Gestank von ranzigem Frittierfett getrübt. Oder das Essen wäre schlecht und überteuert. Serviert von mürrischem Personal. Aber mit einem wichtigtuerischen Konzept, das Erlebnisgas­ tronomie verspricht. Hier aber, in dieser besseren Strandbude na- mens «Il Molo», hat Slow Food eine Auszeich- nung hinterlassen. Es gibt zum Beispiel wilde Moscioli (Slow Food Presidio) – die besten, zartesten und aromatischsten Miesmuscheln, die ich je hatte. Oder etwas, was ich noch nie gegessen habe und sofort mein Herz gewann: Spaccasassi. Das ist knackiger Meerfenchel, der geschmacklich an Kapern erinnert. Er wächst wild auf den umliegenden Felsen. Kombiniert mit einem Salat aus gedämpften Puntarelle und Sardellen. Wahnsinnig gut. Wie übrigens alles andere auch, vor allem die traditionelle, handgefertigte Pasta aus Cam- pofilone, die als die dünnste und delikateste gilt, mit Meeresfrüchten. Ich kann alles empfehlen: Den Ausflugsort. Das Restaurant. Das Essen. Und das Beob- achten der heiteren Gästeschar an einem Sonntagnachmittag. «Wir haben unsere Kinder von klein auf in fast jedes Restaurant mitgenommen, auch in Gourmetlokale.»

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