Durst 09/2019
Hauptgang 13 Warum muss man sich mit der Generation Z beschäftigen? Vor einigen Jahren waren alle begeistert von der Generation Y: hochgradig leistungsorien- tiert, Spass an Karriere, interessiert an Ver- antwortung und rund um die Uhr erreichbar. In der Altersgruppe bis rund 25 Jahre ist vieles anders. Diese jungen Menschen wollen vieles absolut nicht mehr, was Entscheidungsträgern so gut an der Generation Y gefällt: Die ab 1995 Geborenen streben weniger nach Karriere oder Verantwortung. Sie suchen viel mehr Sicherheit, Struktur und eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Deshalb werden nach Dienstschluss Anrufe vom Chef schon mal blockiert und dienstliche Mails in der Freizeit einfach ignoriert. Was sind Merkmale der Generation Z? Die Generation Z ist realistisch: Sie weiss, dass Mitarbeiter selten wirklich imMittelpunkt stehen. Versprechungen des Staates sind für sie ebenso wie Aussagen von Firmen in Image broschüren nur irrelevante Werbung. Ein zweites Merkmal ist Bindungslosigkeit: Vertreter der Generation Z streben zwar eine Festanstellung an, sind aber nicht bereit, sich emotional an Unternehmen zu binden. Drittens ist die Generation Z an Themen wie Umweltschutz, Klimakatastrophe und Nach- haltigkeit, aber auch Chancengleichheit und Fairness interessiert. Sie hat allerdings ein tief greifendes Desinteresse an den politischen Parteien und ihren Politikern, die sich eher an Lobbygruppen und an den zahlenmässig inter essanteren älteren Menschen orientieren. Und noch ein wichtiger vierter Punkt: Die Generation Z ist imRegelfall leistungsorientiert, hoch motiviert und hat Spass an der Arbeit. Warum ist die Generation Z so, wie sie ist? Die Generation Z hat erlebt, wie sich die Älteren für den Job aufgerieben haben, weil sie auf die grosse Karriere hofften. Sie glaubt den Ver- sprechen der Unternehmen nicht mehr. Sie hat gesehen, wie brutal viele Firmen in Krisen zeiten mit Mitarbeitern umgegangen sind. Sie weiss, dass Renten und Arbeitsplätze nicht si- cher sind und man Versprechungen von Politi- kern sowie Unternehmen nicht trauen kann. Fühlt sich die Generation Z glücklich? Eigentlich überraschend: Die Generation Z ist beneidenswert glücklich. Sie kennt keine Dis- sonanz zwischen Erwartung und Realität. Sie weiss, was auf sie zukommt und ist nur schwer zu enttäuschen. Zudem ist sie weniger mate- rialistisch: Ein kleineres Auto und eine kleine- re Wohnung reichen. In dieser Biedermeier- Romantik fehlt nur noch der Gartenzwerg. Was bedeutet die Existenz der Generation Z für Arbeitgeber? Unternehmen können schon im Bewerbungs- gespräch viel falsch machen. Auf Sätze wie «Wir haben ein flexibles Arbeitszeitsystem» und «Eigentlich sind wir eine grosse Familie» springt die Generation Z nicht an. Unterneh- men sollten sich von einigen Punkten verab- schieden, die man fälschlicherweise zur neuen Arbeitswelt zählt. Dazu gehören Grossraum- büros und Desksharing, flexible Arbeitszeiten und Arbeit zu Hause. Das alles passt nicht zur Generation Z. Sie lehnt eine Verschmelzung von Berufs- und Privatleben unter dem Stich- wort «Work-Life-Blending» ab. Soll man sich über diese Generation ärgern oder freuen? Wir alle können einiges von der Generation Z abschauen; zum Beispiel, dass wir uns nicht dauernd für den Job aufopfern müssen. Die Welt geht nicht unter, wenn wir nicht alles so- fort erledigen. Die Generation Z sagt: «Warum soll ich eine private Verabredung ausfallen lassen, nur weil etwas angeblich Wichtiges im Unternehmen auftaucht?» Die Generation Z arbeitet acht Stunden, hat freie Wochenenden und Abende, macht geregelte Pausen, vermei det Stress. Bemerkenswert: Dabei kommt oft mehr raus als bei denen, die zwölf Stunden pro Tag und auch amWochenende arbeiten. Wie äussert sich das Konsumverhalten der Generation Z? Die Generation Z ist wenig empfänglich für markige Marketingsprüche. Diese werden ein- fach ignoriert. Stattdessen orientiert man sich an dem, was sich in den sozialen Netzen als Trend herauskristallisiert. Dann setzt die Gene ration Z aus Bequemlichkeit auf den Online- H andel, sie sucht aber auch das reale Shop- ping-Erlebnis. Hier könnten Unternehmen punkten, wenn sie sich in dieser Welt entspre- chend positionieren würden. Dazu gehört auch: Die Generation Z schätzt gu- tes und gesundes Essen und Trinken. Sie kocht gerne, geht aber auch gerne aus. Sie liebt ein ansprechendes Ambiente und hat eine klare Idee, was für sie «ansprechend» ist. Komple- xen Gerichten und entsprechenden Speise karten kann sie wenig abgewinnen, Fast Food ist eher eine Notlösung. Schliesslich gibt es noch eine weitere Heraus- forderung: Die Generation Z hat keine ausge- prägte Markenloyalität. Sie setzt auf Produkte, die angesagt sind. Ein Mitglied der Generation Z verwendet beispielsweise ein MacBook von Apple zusammen mit einem Smartphone von Samsung, ohne dabei rot zu werden. Das hät- ten Apple-Nutzer früherer Generationen nie- mals getan – mich eingeschlossen. www.die-generation-z.de Professor Christian Scholz «Die Generation Z ist beneidenswert glücklich» Weniger materialistisch, stark auf sich selbst bezogen und trotz klarer Trennung zwischen Berufs- und Privatleben hoch leistungsbereit: Christian Scholz beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Generation Z. Er ist emeritierter Professor für Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Universität des Saarlandes und befasst sich intensiv mit den verschiedenen Generationen. «Die Generation Z will eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben.» Professor Christian Scholz
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