Durst 07/2019

Hauptgang  11 Das sind die beiden ganz grossen Plattformen mit integrierten Zahlungsoptionen. Sixpay wird diese Zahlungsmöglichkeit bis Ende 2019 inte- grieren. Auch über WhatsApp wird man wahr- scheinlich in Zukunft bezahlen können, denn Facebook ist daran, diese Dienstleistung zu entwickeln. Weil zunehmend über das Smart- phone bezahlt wird, sollten Gastronomen da unbedingt mitmachen. Wie wichtig ist es, die Touristen in ihrer Sprache anzusprechen? Englisch ist unerlässlich. Das Angebot sollte unbedingt in dieser Weltsprache kommuniziert werden. Als Gastronom sollte man sich aber gut überlegen, ob man tatsächlich auch eine chinesische Speise- und Getränkekarte anbie- ten will. Über die Sprache kann man die Gäste­ struktur beeinflussen. Man sollte sich also fragen: Welche Gäste will ich? Die digitale Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Schweiz Tourismus testet Marketinginstrumente wie «Virtual Reality», «Augmented Reality» und «Artificial Intelligence». Was bringt die nahe Zukunft? Die digitale Dynamik wirdweiter zunehmen, die Entwicklung geht ganz klar in diese Richtung. Noch befinden wir uns in diesem Bereich aber im Anfangs- und Versuchsstadium. Die neuen Instrumente sind noch nicht massentauglich und damit auch noch nicht matchentscheidend. Früher oder später werden sich aber auch Ho- tellerie- und Gastronomiebetriebe mit ihnen auseinandersetzen müssen. Touristen in Zürich. J ÜRG S T E T T L ER Professor Jürg Stettler ist Vizedirektor der Hochschule Luzern und leitet deren Institut für Tourismuswirtschaft (ITW). Zu seinen Kernkompetenzen gehören unter anderem Destinationsmanagement, Destinationsmarketing, Kosten-Nutzen-Analy- sen und Wertschöpfungsstudien, aber auch nachhaltige Entwicklung im Tourismus, Gastfreundschaft und Hospitality Management. in die Berge. Während dort mehr Tagestouris- ten zu verzeichnen sind, fällt es schwieriger als in Städten, übernachtende Gäste zu gewinnen. Der Schweizer Tourismus ist erfreuli- cherweise wieder einWachstumsmarkt. Was können klassische Gastronomie­ betriebe tun, um sich ein Stück dieses grösser werdenden Kuchens zu sichern? Das Gastronomieangebot in der Schweiz ist sehr vielfältig und kompetitiv. Das sollte man noch stärker in den Vordergrund rücken und noch besser kommunizieren, was auch Schweiz Tourismus erkannt hat. Und wie rückt man das Angebot am effektivsten in den Vordergrund? Obwohl die Digitalisierung natürlich ein wich- tiger Faktor ist, beginnt das Marketing vor dem eigenen Restaurant. Touristen sind klas- sische Laufkundschaft. Sie flanieren durch die Stadt oder das Dorf und lassen sich treiben. Sie gehen dort essen und trinken, wo es gut riecht, schön aussieht und sie das Angebot an- spricht. Dabei ist es wichtig, dass Gastrono- men das Lokal nebenan als Partner und nicht als Konkurrenten sehen. Es macht keinen Sinn, wenn auf einem Platz drei Pizzerien ge- geneinander um die Gunst von Touristen an- treten, die alle gleich aussehen. Besser als «me too» ist es, sich zu spezialisieren. Ich zum Beispiel liebe Polenta. Ein Lokal, das aus- schliesslich Polenta anbietet, würde ich als Tourist sofort besuchen. Und das lässt sich dann auch auf Plattformen wie Tripadvisor besser vermarkten? Ja, und man sollte auf diesen Plattformen na- türlich präsent sein. Tripadvisor vertraue ich aber nur bedingt, denn viele Vorschläge sind nicht nachvollziehbar. Matchentscheidend ist immer und auch im Internet-Marketing das gute Produkt. Wenn das Produkt stimmt, über- nehmen Social Media für die Gastronomie das Marketing, denn zufriedene Gäste geben gute Bewertungen ab, was wiederumGäste anlockt. Und Hoteliers, sollten die auf Buchungs- plattformen wie booking.commitmachen? Ja, denn auf der ganzen Welt informieren sich potenzielle Gäste auf diesen Plattformen über das Beherbergungsangebot. Es geht aber auch darum, die Buchungen über diese Plattformen möglichst gering zu halten. Da hilft eine gute Website mit einfacher Buchungsmöglichkeit weiter. Eine Herausforderung ist es, hier die richtige Balance zu finden. Das weltweite Marketing funktioniert online. Ist die Schweiz vorne dabei? Ja, dank Schweiz Tourismus ist die Schweiz gut aufgestellt. Die Marketingorganisation des Schweizer Tourismus hat ihre Webplattform gerade wieder erneuert, sie berücksichtigt die Anliegen der Gastronomie noch stärker und wird den digitalen Anforderungen noch besser gerecht. Weil die Destinationen weltweit eine Schlüsselrolle spielen, macht es für Gastro­ nomiebetriebe Sinn, auch hier präsent zu sein. Was macht für sie im digitalen Bereich sonst noch Sinn? Die Digitalisierung wird immer anspruchsvoller, und in kleineren Betrieben ist spezialisiertes Wissen oft nicht vorhanden. Innerhalb der Des­ tination Schweiz sollte man deshalb miteinan- der kooperieren und Kompetenzen gemeinsam nutzen. Zudem ist es wichtig, seine Hausauf­ gaben zu machen: Wenn ich Gäste aus China will, muss ich ihnen entsprechende Zahlungs- möglichkeiten wie WeChat und Alipay bieten. «Das Marketing beginnt vor dem Lokal. Touristen sind Laufkundschaft.»

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