Durst 05/2019

Hauptgang  15 Als Vizedirektor von Gastroconsult Zürich hat Reto Grohmann schon unzählige und sehr unterschiedliche Gastronomiebetriebe beraten. Nach dem Motto «Über sieben Brücken musst du gehen» hat er die hochkomplexe Materie, mit der er sich tagtäglich beschäftigt, auf sieben Punkte verdichtet. Reto Grohmann über die sieben Brücken und wie man als Gastronom am erfolgreichsten über sie geht: Betriebsübernahme Sie steht am Anfang und sollte keine Ad-hoc- Übung sein. Auch bei einer Betriebsabnahme, also zu Beginn eines Mietverhältnisses, müs- sen zwingend ein Übergabeprotokoll erstellt und der Zustand von Räumlichkeiten und Miet­ inventar festgehalten werden. Dies gilt auch bei nagelneuen Betrieben. Eine seriöse Planung und eine Begleitung durch einen neutralen Profi vermeiden emotionale Diskussionen. Mietvertrag Er basiert im Idealfall auf der aktuellsten Vorla­ ge von GastroSuisse. Diesermag sehr umfang- reich erscheinen, er führt aber alle Punkte auf und beugt so Streitigkeiten vor. Der Mietzins muss vor der Unterzeichnung verhandelt und im besten Fall von einem externen Gutachten auf die langfristig wirtschaftliche Tragbarkeit geprüft werden. Im Nachhinein einen Mietzins anzufechten, ist meist aussichtslos. Die Höhe des Mietzinses hängt stark vom Standort ab. Kaufinventar Das Miet- und Kaufinventar muss bei Miet­ beginn schriftlich aufgenommen und bewertet werden. Es gibt nur wenige Personen in der Schweiz, die auf diesem Gebiet Profis sind. Die Kosten für die Festhaltung lohnen sich im Hin- blick auf mögliche Streitigkeiten bei der Abgabe des Mietobjekts aber allemal. Übrigens: Kauf­ inventar ist dasselbe wie Kleininventar, und Mietinventar entspricht dem Grossinventar. Kosten Die Warenkosten gilt es sehr wohl im Auge zu behalten, meist ist hier aber nicht das grosse Sparpotenzial realisierbar. Eine kleine Speise- karte kann hilfreich sein. Der grösste Kosten- block sind dieMitarbeitenden. Deshalb lohnt es Über sieben Brücken muss ein Gastronom gehen Reto Grohmann, Unternehmensberater der Gastroconsult AG Die Gastroconsult AG ist ein Tochterunternehmen von GastroSuisse und spezialisiert auf Treuhand, Steuern, Prüfung und Beratung in der Gastronomie sowie der Hotellerie. Gastroconsult hat an 15 Standorten in der ganzen Schweiz rund 100 Mitarbeiter. www.gastroconsult.ch GA S T RO C ON S U LT «Der grösste Kostenblock sind die Mitarbeitenden. Es lohnt sich, diese Kosten tagtäglich zu überprüfen.» Reto Grohmann sich, diese Kosten tagtäglich zu überprüfen. Am bestengeschieht diesmittelseinerMitarbeiter­ produktivitäts-Kontrolle pro Tag, aufgeteilt in Küche, Service und Betrieb total. Nur so kann zeitnah reagiert werden. Was es auch zu beach­ ten gilt: Teilzeitmitarbeitende im Stundenlohn sind flexibel einsetzbar und helfen, Kosten zu sparen. In der gehobenen Gastronomie sollten aber stets ausschliesslich Profis arbeiten. Serviceketten Wenn der Gast erst einmal im Betrieb sitzt, ist man in der Servicekette schon gut gestartet. Dann gilt es, seinen Bedürfnissen bestmöglich gerecht zu werden. Wenn man alles richtig macht, kommt der Gast wieder, das Trinkgeld stimmt, und die Bewertung auf Tripadvisor oder anderen Plattformen fällt positiv aus. Ne- gative Auswirkungen haben in der Servicekette unter anderem unfreundliches Personal, lange Wartezeiten, zu früher Küchenschluss, unauf- merksame Bedienung, schlechtes Essen, man- gelnde Flexibilität, zu hohe Preise, fehlende Kindermenüs, Offengetränk ohne Sprutz und vertrocknetes Brot. Diese Basics sollte man als Gastronom unbedingt im Griff haben. Social Food schlägt Geschmack Essen wird immer mehr zum Lifestyle und zu- gleich Identifikationsmittel, Statussymbol und Ausdrucksmedium. Das Ambiente der Lokale gewinnt an Bedeutung und bietet der Gastro- nomie Chancen, sich gegen den Heimkonsum- Trend zu stellen. Restaurants können sich als sozialer Lebensmittelpunkt etablieren, als Er- holungsplatz für Körper und Geist, Ort der In- spiration und desWissens, der Geselligkeit, des Abenteuers und der Neugier. Das heisst aber nicht, dass man auf jeden Trend aufspringen sollte. Auch eine gut etablierte Cordon-bleu- Landbeiz bietet ein Wohlfühlambiente. Beratungsaffinität Die allermeisten Gastronomen verstehen sich als Alleskönner und Alleinkämpfer. Sie sind überzeugt von dem, was sie tun. Das ist zwar gut, bringt aber auch eine gewisse Beratungs- resistenz mit sich. Gastronomen holen sich viel zu wenig Rat von Berufskollegen, Freunden, der Familie, kurz: ihrem Umfeld. Zudem ist die einmalige Rechnung eines externen Beraters langfristig immer gut investiert. Dieser kann weniger Mietaufwand herausholen und hat Werkzeuge zum optimalen Waren- und Mitar- beiterkostencontrolling. Alles, was ausserhalb der Kernkompetenz liegt, sollte Leuten mit spezifischem Fachwissen und grosser Erfah- rung übertragen werden. Dazu gehören Buch- halter, Rechtsanwälte und Marketing-Dienst- leister. Und nicht zu vergessen: Der beste Berater ist der Gast. Ihn sollte man kennen, mit ihm sollte man sprechen, und auf ihn sollte man unbedingt hören.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYwNzMx