Durst 02/2019
10 Hauptgang I ch glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vor übergehende Erscheinung.» Wilhelm II hat diese Worte gesagt. Als er Ende November 1918 abdanken musste, war Deutschland eine Republik und das Automobil auf der Überholspur. Laut CharlesDarwinüberlebennicht dieStärks ten, «sondern die, die sich amschnellsten anpassen können». Und wie imZuge der Industrialisierung ist die Welt auch heute einem schnellen Wandel unterzogen. Es ist also wichtig, mit der Zeit zu gehen – auch für die Gastronomie. «In den nächsten 15 Jahren wird der Dreiklang von Globalisie rung, Liberalisierung und Digitalisierung unsere Gesellschaft noch weiter verändern», sagt MirjamHauser von der «Gesell schaft für innovative Marktforschung». Die Gestaltung des Mehr als Essen und Trinken: wie die Gastronomie neue Gästebedürfnisse befriedigt Gastronomie als Produkt Der Wandel der Gesellschaft und damit auch der Gästebedürfnisse geht in den nächsten Jahren ungebremst weiter. Trendforscher sind überzeugt. Die Gastronomie des 21. Jahrhunderts kann mehr bieten als Essen und Trinken. Die einzelnen Betriebe sollten ein Produkt kreieren und dieses positionieren. DURST präsentiert zehn bereits realisier- te Produktkonzepte von Gastronomen, die sich bereits auf die neuen Bedürfnisse der Gäste eingestellt haben. Selbst und der Umwelt gewinne an Bedeutung. Hanni Rützler berücksichtigt diesen Aspekt, wenn sie für kleinere Speise karten plädiert: «Als Konsumenten empfinden wir die zuneh mende Angebotsvielfalt nicht immer nur als Bereicherung», sagt die Food-Trendexpertin. Wandel auf den verschiedensten Ebenen Das Speise- und Getränkeangebot ist nur einer von vielen wichtigen Aspekten, die es bei neuen Konzepten zu beachten gilt. Innovative Schweizer Gastronomen antizipieren den Wandel auf den verschiedensten Ebenen. Sie machen aus der Gastronomie ein kreatives Produkt, das den neuen Gäste bedürfnissen entspricht und deshalb Erfolg verspricht. Die «Krone» ist auch ein kleiner Dorfladen Das Produkt Das Lokal ist auch ein Blumenladen. Man kann hausgemach te Salatsaucen und Konfitüren, aber auch spezielle Offen- und Flaschenbiere für zu Hause kaufen oder sogar die saisonalen und in der Region gefertigtenDekorationsgegenstände erwer ben: Die Gastronomie setzt zunehmend auf Mischkonzepte und erschliesst damit neue Geschäftsfelder. Viele Betriebe Michel Schmid mit den Produkten aus dem Dorf. machen damit gute Erfahrungen. Einerseits, weil sich die beiden Bereiche Lokal und Laden gegenseitig bereichern und für mehr Frequenz sorgen, andererseits aber auch, weil es viele Gäste schätzen, im Restaurant auch gleich etwas für zu Hause shoppen zu können. Landgasthof Krone in Wittnau In der «Krone» im aargauischen Wittnau können die Gäste ihren Besuch seit mehr als zehn Jahren mit dem Erwerb ein heimischer Produkte krönen. Gastgeber Michel Schmid und sein Team bieten unter anderem Konfitüren, Dörrfrüchte, Kräutertees und Hochprozentiges an – alles ausWittnau, pro duziert von Landwirten oder von der «Krone» selbst. «Das ist ein Plädoyer für die Region, und regionale Produkte erfreuen sich einer grossen Beliebtheit», sagt Michel Schmid. Und das zahlt sich aus: «Viele unserer Stammgäste schätzen es, bei uns imLokal auch einkaufen zu können. Damit generieren wir einen zusätzlichen Umsatz.» Das Mischkonzept hat aber auch neue Gäste zur Folge. Michel Schmid: «Es kommen immer wieder neue Kunden, umeine Kleinigkeit einzukaufen. Einigen von ihnen gefällt es bei uns in der ‹Krone›, sodass wir sie auch als Gäste des Restaurants gewinnen können.» www.krone-wittnau.ch Mischkonzept
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