Durst 12/2018
28 Markt&Trends E s ist Liebe auf den ersten Blick, wenn man die leuchtend roten und gelben Gebinde Piennolo-Tomaten an den Strassenständen oder auf den Balkonen Nea- pels hängen sieht. Ich bin schon lange ein glü- hender Anhänger der kleinen, raren Tomate in Kirschform mit dem typischen spitzen unteren Ende. Aber erst kürzlich habe ich die kunstvoll zu Trauben gebundenen Supertomaten zum ersten Mal vor Ort gesehen. Eindrücklich ist nicht nur die Lage am Fusse des schlummernden Vesuvs, wo sie angebaut wird, sondern auch den Frauen zuzuschauen, die geschickt den «Piennolo» formen. So heisst die aufgeknüpfte, typische Traubenform. Durch die dicke Schale ist das fruchtige Fleisch gut geschützt. Die Piennolo-Tomaten können in dieser Form lange über den Winter aufbewahrt werden. Mit der Zeit wird das Aroma immer in- tensiver. Was mir neu war: Die Neapolitaner (die ja nicht gerade für ihr gemässigtes Tempe- rament bekannt sind) bringen viel Geduld auf und bereiten die ersten Tomaten erst an Heilig- abend zu. Auf dieses Festessen freuen sich alle besonders. Spaghetti alle Vongole mit einem Sugo aus Piennolo-Tomaten! Heiligabend: Schüfeli oder Vongole? Bei uns zu Hause gibt es an Heiligabend je- weils zwei Optionen. Entweder bauen wir das festliche Menü rund um das traditionelle Ge- richt meiner italienischen Familie auf, dann Claudio Del Principe schreibt über den luftgetrockneten Piennolo Eine Tomate als besonderes Weihnachtsgeschenk «Am Fusse des Vesuvs gedeiht eine einzigartige Tomate auf vulkanischer Erde. Die seltene, geschützte und geschmacksintensive Sorte Pomodorino del Piennolo del Vesuvio DOP», schreibt Claudio Del Principe. Das typische Merkmal sei die Art der Konservierung: «Die Tomaten werden zu grossen Trauben aufgeknüpft und luftgetrocknet. Dadurch konzentriert sich der Geschmack.» Und: «Die Neapolitaner warten geduldig darauf und freuen sich auf das erste traditionelle Gericht damit: Spaghetti alle Vongole an Heiligabend.» Geschickt geformter Piennolo. Kolumne «Die Neapolitaner bringen viel Geduld auf und warten bis Heiligabend.» gibt es eine Fischvorspeise, Linguine alle Vongole und danach geschmorten Baccalà. Oder wir setzen auf das bewährt schweizeri- sche Schüfeli im Teig der Familie meiner Frau, mit Kartoffel-, Randen- und Nüsslisalat. Wir wechseln uns da Jahr um Jahr ab, wobei das Schüfeli meist die Nase vorn hat. Es hat irgend wie einen exklusiven Weihnachtscharakter bei uns, während Vongole mehrmals im Jahr auf- getischt werden. Ich weiss nicht, wie oft ich
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