Durst 09/2018
10 Hauptgang Rolf Hiltl über die fleischlose Herbstküche «Dank den Pilzen schmecken Wildgerichte auch ohne Rehe und andere Tiere» Ein Wildgericht ohne Fleisch? Die Gäste des «Hiltl» in Zürich wissen, wie gut das schmecken kann. Im Gespräch mit DURST erklärt Inhaber und Geschäftsführer Rolf Hiltl die vegetarische Wildküche und die tragende Rolle der Pilze. Er sagt auch, wie sich unser Fleischkonsum verändern wird und warum das «Hiltl» eine vegetarische Metzgerei betreibt. Wildgerichte werdenmit der Jagd assoziiert, mit Rehböcken, Hirschen und Fasanen. Rolf Hiltl: In der Schweiz denkt man imZusam menhangmit der Wildsaison tatsächlich schnell an gejagte Tiere. Das hat mit unsereren Tradi tionen zu tun. Andere Länder wie zum Beispiel Indien haben ganz andere Traditionen, die auch andere Assoziationen hervorrufen. Weil man im Herbst und auch im Winter hierzulande das Deftige sucht, ist die kalte Jahreszeit für einen Gastronomiebetrieb mit vegetarischer Küche eine Herausforderung. Im Frühling haben wir es leichter, denn diese Jahreszeit assoziieren dieMenschenmit Grün undmit leichter, gesun der Ernährung. Deftige Gerichte ohne Fleisch: Wie meistern Sie diese herbstliche Herausforderung? ZurWildküche gehört alles, was uns der Herbst beschert – Pilze, Kastanien, Wurzeln und vieles mehr. Dank den Pilzen und demHerbstgemüse schmecken und leben Wildgerichte auch ohne Rehe oder andere Tiere. Pilze stehen in unse ren Breitengraden für Herbst. Es gibt sie in vielen Varianten, und in der Konsistenz sind sie dem Fleisch oft sehr ähnlich. Unser Steinpilz ragout an einer Marsalasauce zum Beispiel ist eine währschafte und beliebte Herbstspeise. Beim Stroganoff ersetzen die Pilze das Fleisch ebenfalls vorzüglich, und auch der Wildteller mit Rotkraut, Rosenkohl, glasierten Marroni und einer Waldpilzsauce ist ein typisches Herbstgericht. Dieser Wildteller ist ein wahrer Bestseller, der uns jeden Herbst zusätzliche Rolf Hiltl . Gäste beschert. Wie die anderen erwähnten Speisen kommt er ohne Fleischalternativen aus. Apropos Fleischalternativen: Warum stehen bei Ihnen auch fleischlose Varianten von Burgern oder Züri-Geschnetzeltem und Nuggets ohne Chicken auf der Speisekarte? Weil diese Gerichte geschätzt werden – gerade auch im Herbst. Dass ein Teil unserer Gäste Fleischalternativen erwartet, hat wiederum viel mit Traditionen zu tun. Das Hiltl Tatar ha ben wir wie den Hiltl Burger selbst entwickelt. Dank den Auberginen und dem Okara merkt man nicht, dass es kein Fleisch enthält. Bei der «In unseren Breitengraden stehen Pilze für Herbst.» Wildküche haben wir in dieser Beziehung noch Potenzial. Einen fleischlosen Herbstpfeffer zum Beispiel fände ich spannend. Der klassi sche Rehpfeffer zeichnet sich durch seine braun-rote Blutsauce aus. Als gelernter Koch weiss ich, dass man die Farbe dank Randen auch ohne Blut hinkriegt und mit dem richtigen Rösten dem Geschmack sehr nahe kommt. Wichtig dabei ist, dass der Gesamteindruck stimmt – für die Nase, den Gaumen und auch, wenn man darauf beisst. Seit bald fünf Jahren betreiben Sie in Zürich auch eine Vegi-Metzg. Warum eigentlich?
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