Durst 09/2017
People&Unterhaltung 19 Dass in seiner «mille sens groupe ag» eine Beratungsfirma, ein Restaurant und eine Weinhandlung unter einem Dach agieren, ist kein Zufall: Urs Messerli ist ein Tausendsassa. Ein Gespräch über seine Arbeit, die Gastronomie allgemein und die Berner Markthalle. Urs Messerli, Sie sind bezüglich Sensorik zwar eher dem Wein verfallen, können uns als Koch und Profi aber sicher auch etwas zum Thema Food&Beer erzählen? UrsMesserli: Absolut, denn die Grundprinzipi- en bei Wein und Bier sind die gleichen. Es geht darum, die Getränke zu beschreiben, zu beur- teilen und eine Brücke vom Essen zum Trinken zu schaffen. Etwa mithilfe von Gegensätzen: salzig mit süss. Oder aber mit Harmonie, mit gleichen Aromen. Es kommt darauf an, für wen man kocht: Asiaten suchen eher Gegensätze, Westler Harmonie. Kombinationen müssen immer getestet werden, oftmals denkt man, etwas muss zusammenpassen, passt aber dann manchmal doch nicht. Ausprobieren hilft! Sie selbst probieren offensichtlich sehr gerne aus: Die Liste Ihrer Referenzen ist unglaublich lang und vielseitig… Ich kann einfach nicht Nein sagen (lacht). Aus einemProjekt entsteht das nächste, das macht mir Spass. Ich bin der Sprinter-Typ, reisse ger- ne etwas an, bin gut auf kurzen Strecken, aber ich brauche auch Marathonläufer neben mir. Sie schreiben auf Ihrer Website, Sie hätten viele Inputs gegen monotone Gastronomie. Leidet die Schweizer Gastronomie denn unter Monotonie? Nein, sie leidet unter demKostendruck. Perso- nalkosten werden immer höher, Essen soll im- mer günstiger werden. ZumGlück gibt es einen Gegentrend und viele Konsumenten, denen be- wusst ist, dass ein gutes Produkt etwas kostet – das zeigt sich bei Craftbeer vorbildlich. Aber zurück zum Kostendruck: Durch den Druck zu kämpfen, schränken sich viele Gastronomen in der Küche ein, was zu Monotonie führen kann. Und im Hamsterrad drin verliert man schnell den Durchblick. Hier versuche ich als aussen- stehender Berater Inputs zu geben. Gibt es immer eine Lösung? Ja, die Frage ist nur, ist es die, die der Kunde wollte. Manchmal heisst die Lösung eben auch: Stecker ziehen, verkaufen, neu anfangen. Weil die Grundbedingungen nicht stimmen. Stark vereinfacht gesagt so geschehen bei der Berner Markthalle – Sie sind im Gastroprojektteam. Etwas ketzerisch gefragt, warum sollte jetzt funktionieren, was vorher nicht funktioniert hat? Die Frage ist, was hat nicht funktioniert? Die Kundschaft war da, aber einige Abläufe sind aus der Not entstanden und wurden nicht sau- ber implementiert. Jetzt besteht die Chance, es besser zu machen. Was ist die Markthalle der Zukunft? Es werden hoch spannende Themen angerissen. Es geht um Echtheit, um kleine, hochspezialisierte Karten, um authentische Gefässe. Die Markthalle hatte schon vorher diesen Groove und es gibt viele Elemente, die man wieder umsetzen will. «Es gibt viele Möglichkeiten für traditionelle Gastronomen – einfacher macht es das nicht» Auf ein Bier mit Gastronom und Berater Urs Messerli Der gelernte Koch ist mit viel Herzblut bei der Sache. Sind das die Punkte, die sich alle Gastro- nomen auf die Fahne schreiben sollten? Sie sind sicher wichtig. Street Food ist ja eine grosse Bewegung, Konzepte mit einfachem, authentischem Essen, tiefen Kosten, von weni- gen Mitarbeitenden mit viel Herzblut umge- setzt. Aber das schränkt die traditionelle Gas- tronomie natürlich noch mal mehr ein… …kann aber auch eine Chance sein, wenn man mit gewissen Vorstellungen bricht? Ja, man muss sich öffnen. Das Angebot darf ruhig traditionell bleiben, aber esmüssen neue und zusätzliche Vertriebswege gefunden wer- den. Es gibt sehr viele Möglichkeiten – einfa- cher wird es deswegen nicht. «Ich bin ein Sprinter und brauche Marathonläufer neben mir.» Urs Messerli
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